zeitreise: clara immerwahr
asta
„Frau Immerwahr, Sie waren die erste deutsche Frau, die einen Doktortitel in Chemie erlangte. Wie gehen Sie damit um, dass Sie von jungen Jahren an trotz Ihrer wissenschaftlichen Verdienste immer im Schatten Ihres Mannes, Fritz Haber, gestanden haben?“
Immerwahr
„Mir waren meine Ideale – Pazifismus und Gleichberechtigung – wichtiger als die Wissenschaft, und das aus Notwendigkeit, denn zum Ende meiner Promotion war ich eine Frau in einer Männerdomäne und der Erste Weltkrieg warf seine Schatten voraus. Fritz hatte immer ein einnehmendes Wesen, gegen das ich mich nicht behaupten konnte. Das ist es, was ich der Welt hinterlassen habe“
asta
„Was bedeutet Diskriminierung für Sie, Frau Immerwahr?“
Immerwahr
„Diskriminierung ist eine Erfahrung, die jeder Mensch auf fast jeder Ebene machen kann. Ich habe sie erfahren, weil ich eine Frau war, die eine akademische Karriere in einer von Männern angeführten Wissenschaft anstrebte, habe mich gegen diese Hunderte Männer in meiner Branche durchgesetzt, um dann vor derselben Diskriminierung, vor einem Rollencliché, in meiner Ehe zu kapitulieren. Für mich ist sie darin gegipfelt, dass ich keinen Glauben mehr daran hatte, dass es eine Welt für mich und meine Werte geben könnte. Als Jude hat mein Mann ebenfalls berufliche Diskriminierung erfahren – vielleicht war es das, was uns verbunden hat – und aus ihm hat sie zwar einen leistungsstarken Nobelpreisträger, aber eben auch, oder vor allem, einen rücksichtslosen, unbarmherzigen Mörder gemacht.“
asta
„Was ist es, was Sie den Wissenschaftler:innen von morgen mit auf den Weg geben wollen?“
Immerwahr
„Egal, was euch im Leben wichtig ist – ihr müsst es umsetzen! Ich wollte lieber noch zehn Doktorarbeiten schreiben, als mich so quälen zu müssen.“
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Elisabet Bästlein
Redaktionsleitung
Elisabet versuchte einige Jahre lang vergeblich, ihr Studium der pharmazeutischen Chemie zu beenden. Heute arbeitet sie als Content-Managerin für ein Unternehmen in Bonn. Vor ihrer Studienzeit war sie als freie Journalistin in der Kreisredaktion Nordfriesland des Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlages (sh:z) tätig.