wie studierende entscheiden können, was gelehrt wird

ein beitrag aus ausgabe 3
vom 26.04.2021
Verfasst von Elisabet Bästlein

Für die Gleichberechtigung an Hochschulen hat jede Fakultät einen Studienbeirat. Dort können sich Studierende auf Augenhöhe mit Lehrenden an den Entscheidungen beteiligen, die sie auch betreffen. akkuraTH hat mit Anne Dittrich (31) gesprochen, die Mitglied im Studienbeirat der Fakultät für Architektur ist und erst kürzlich an einer Änderung der Studienstruktur beteiligt war.

akkuraTH: Wie lange bist du schon im Studienbeirat?

Anne: Im fakultätsinternen Studienbeirat bin ich seit zweieinhalb Jahren tätig, also seit meinem dritten Semester.

akkuraTH: Wie beeinflusst der Studienbeirat das studentische Leben?
Anne: Studiengänge müssen in regelmäßigen Abständen inhaltlich überprüft werden, um zu sehen, ob das Gelehrte noch aktuell ist und den Anforderungen entspricht. Ist das nicht der Fall, müssen Inhalte überarbeitet werden. Dies findet innerhalb einer Curriculumswerkstatt statt und daran ist unter anderem auch der Studienbeirat beteiligt.

akkuraTH: Wie hast du die Entscheidung getroffen, dich daran zu beteiligen?

Anne: Nach einer Überprüfung konnten die Studiengänge im Bachelor und Master an unserer Fakultät den zeitgemäßen Anforderungen zum Aufbau der Studiengänge nicht mehr entsprechen. Der studentische Prodekan der Fakultät hat mich damals gefragt, ob ich Interesse hätte, mich daran zu beteiligen. Ich habe immer gern Mitspracherecht bei Entscheidungen, auch als Studentin. Ich habe mich den Professor:innen, die sich an diesen Entscheidungen beteiligen, vorgestellt und wurde in den Studienbeirat gewählt.

akkuraTH: Wer genau überprüft die Studiengänge und Lehrinhalte eigentlich initial?

Anne: Mehrere interne und externe Instanzen prüfen ständig, ob so ein Studiengang noch aktuell ist. Da die Arbeitswelt der Architekten zum Teil sehr wettbewerbsorient ist, achten einige Büros auch darauf, an welcher Hochschule die/der Bewerber:in ihren/seinen Abschluss absolviert hat. Das heißt, es gibt Rankings (wie das CHE Ranking) in dem die Studiengängen von Studierenden und Absolventen bewertet werden können. Hier gibt es unter anderem auch den Punkt, wie der Studiengang auf das spätere Berufsleben vorbereitet. Die Fakultät für Architektur der TH Köln hat dort in der Vergangenheit eher mittelmäßig abgeschnitten

akkuraTH: Wie ist das Prozedere, wenn so ein Studienplan überarbeitet werden soll?

Anne: Der Studienbeirat hat die Aufgabe, gegenüber dem Fakultätsrat beratend tätig zu sein. Das bedeutet, die Vorarbeit wird im Studienbeirat geleistet und dem Fakultätsrat vorgestellt. Dort wird dann darüber abgestimmt, wie mit diesen Vorschlägen umgegangen wird. Dieser Vorgang unterliegt einer ständigen Prüfung, zum Beispiel durch die SK1 (ständige Kommission für Lehre, Studium und Studienreform), aber auch durch externe Gremien. Gerade im Bachelor und Master von Architektur gibt es auch Richtlinien von den Architektenkammern, welche Inhalte gelehrt werden müssen, um später überhaupt in die Architektenkammer aufgenommen werden zu können. Bevor man dann aber Vorschläge machen kann, muss recht umfassend recherchiert werden. Da geht es zum Beispiel darum, wie andere Hochschulen diese Probleme lösen oder welchen Aufbau andere Studiengänge haben. innerhalb des Teams werden in Kleingruppen dann einzelne Gebiete im Detail ausgearbeitet.

Qualitätskreislauf bestehende Studiengänge

Qualitätskreislauf für bestehende Studiengänge (Quelle)

akkuraTH: Wie ist das Klima in einem Gremium, in dem Dozierende und Studierende gemeinsam solche wichtigen Entscheidungen treffen? Funktioniert die Kommunikation?

Anne: Die Professor:innen, welche innerhalb der Curriulumswerstatt mitgearbeitet haben, haben uns immer ernst genommen und unsere Einwände und Vorschläge durchaus umgesetzt. Von Studierendenseite wurde das als sehr positiv wahrgenommen.

 

akkuraTH: Was wurde denn ganz konkret geändert?

Anne: Nach den Strategischen Leitlinien zu Lehre und Studium haben wir zunächst einmal entschieden, dass gerade das erste Bachelor-Semester anders aussehen soll. Es soll ein Semester sein, in dem die Studierenden die Möglichkeit haben, in wenigen, dafür häufig stattfindenden Lehrveranstaltungen herauszufinden, ob sie das Interesse und die Eignung für das Architekturstudium mitbringen, ohne dabei unter so hohem Druck zu stehen. Das erste Semester wird auch nicht benotet. Außerdem gibt es einen alternativen Verlauf für diejenigen, die nur Teilzeit studieren oder eine zeitliche Entlastung brauchen, zum Beispiel Studierende mit Kind oder Nebentätigkeiten.

Leitlinien Lehre und Studium

Leitlinien Lehre und Studium der TH Köln (Quelle). Detaillierte Übersichten der alten und neuen Pläne sind in den Modulhandbüchern zu sehen

akkuraTH: Da hat sich ja einiges geändert. Gab es dazu schon Feedback? Und wenn ja, wie sah das aus?

Anne: Der erste Jahrgang, der nach der neuen Ordnung studiert hat, hat im Wintersemester 2019/20 angefangen. Nachdem am Ende des Sommersemesters ein Jahr verstrichen war, haben wir uns Feedback geholt. Das erste Semester war am Anfang noch etwas unorganisiert, da es natürlich für beide Seiten eine vollkommen neue Herausforderung war, aber das hat sich sehr schnell eingependelt. Auch wurde uns mitgeteilt, dass das erste Semester die Studierenden vom Zeitaufwand her nicht ausreichend auf das zweite Semester vorbereitet habe. Seitens der Dozierenden kamen gemischte Rückmeldungen. Für einige war diese Umgewöhnung schwierig, andere erklärten, sie seien durchaus dankbar für die Neuerung gewesen, weil sie dadurch ihre Lehrinhalte auch noch einmal überdacht und aktualisiert haben.

akkuraTH: Wurde dieses Wettbewerbsranking für das Fach Architektur seit der Neuerung aktualisiert und konnte man dort bereits eine Verbesserung feststellen?

Anne: Nein, das lässt sich erst sagen, wenn der erste Jahrgang an Absolvent:innen das Studium erfolgreich abgeschlossen haben und sich die gesamte Fakultät an die Umstrukturierung verändert hat. Das Ranking sagt aber auch nichts über die Wahl der Hochschule im individuellen Lebenslauf aus und ist damit nicht unbedingt aussagekräftig für die Qualität des Studiums als solches. Es misst lediglich, wie exakt die Lehrinhalte den Richtlinien der berufsbefähigenden Körperschaften entsprechen.

akkuraTH: Solche Neuerungen passieren ja nicht alle Tage. Was macht der Studienbeirat denn außerhalb dieser großen Projekte?

Anne: Im vierten Bachelor-Semester gibt es das Modul “Kollektiv”. Dabei geht es darum, ein Projekt zu verfolgen, das der Fakultät oder generell anderen Studierenden nützt. Darüber, welches Projekt wie im Rahmen dieses Moduls umgesetzt wird, spricht und entscheidet unter anderem der Studienbeirat. 

akkuraTH: Vielen Dank für deine Zeit und das Engagement des Studienbeirats!

Elisabet Bästlein

Elisabet Bästlein

Redaktionsleitung

Elisabet versuchte einige Jahre lang vergeblich, ihr Studium der pharmazeutischen Chemie zu beenden. Heute arbeitet sie als Content-Managerin für ein Unternehmen in Bonn. Vor ihrer Studien­zeit war sie als freie Journalistin in der Kreis­redaktion Nord­friesland des Schleswig-Holsteinischen Zeitungs­verlages (sh:z) tätig.

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