von dem informatik-studium an der TH Köln zur innovativen buchfinder-app READO
Michael Pomogajko sitzt mal wieder an seinem Laptop. Nichts Ungewöhnliches soweit. Schließlich handelt es sich um sein wichtigstes Arbeitswerkzeug. 2017 hatte er den Bachelor ‚Technische Informatik‘ am Campus Deutz erfolgreich abgeschlossen. In seinem Studium konzentrierte er sich auf Sicherheitssysteme und Web-Architekturen. Danach sammelte er in einem Auslandspraktikum und einem Start-up Erfahrungen als Entwickler.
Als er sich dann im März 2019 bei LinkedIn einloggt, taucht eine Nachricht von einem gewissen Jonathan Mondorf auf. „Wer soll das sein?“, denkt sich Michael. Er schaut sich die beigefügte skizzierte Idee näher an und lässt sich zu einem Treffen überreden. „Zwei Stunden, nachdem wir uns getroffen hatten, war ich so von der Idee überzeugt, dass wir uns per Handschlag auf eine Zusammenarbeit geeinigt haben.“ Seitdem ist Michael Teil von READ-O.
Michael Pomogajko mit seinem Lieblingsbuch
von einem problem zur lösung
In Deutschland werden laut Ben Kohz, Pressesprecher von READ-O, jedes Jahr 70.000 Bücher veröffentlicht. Wie soll man sich unter all diesen Büchern für eines entscheiden? „Dass du da das perfekte Buch findest, ist total unrealistisch“, meint Kohz. Viele Autor:innen haben das große Problem, passende Lesende zu finden. Zu dieser Erkenntnis gelangte der Gründer von READ-0, Jonathan Mondorf, nachdem sein Vater ein Buch veröffentlichte. Es gibt ein oder zwei Bestseller, die total oft verkauft werden, einige Bücher hingegen verschwinden komplett in der Masse. Auch Geschichten abseits des Mainstreams müssen entdeckt werden können. Dieses Problem versuchte Mondorf zu lösen.
Sein Ziel war es, eine Entscheidungshilfe für den Buchmarkt anzubieten. Herausgekommen ist nach einem längeren Prozess das Start-up und die App READ-O, die sowohl für Android als auch für iOS zum Download zur Verfügung steht. Eine App war allerdings nicht von Anfang an geplant. Auch das inzwischen fünfköpfige Team hat sich erst Stück für Stück mit der Zeit und problembezogen herausgebildet. „Die Idee und was READ-O heute ist, ist mit uns gewachsen. Mittlerweile sind wir ein bunter Haufen, der eins gemeinsam hat: Wir glauben daran, dass es ein perfektes Buch für jeden Menschen gibt, aber nicht das perfekte Buch“, erklärt Kohz.
emotionssuche als hauptfeature
Doch wie genau funktioniert die App? Grundsätzlich werden drei Funktionen angeboten. Unter dem Menüpunkt „Entdecken“ werden Bücher anhand verschiedener Kategorien zusammengefasst. Dazu zählen beispielsweise „Zeitlose Klassiker“, „Antihelden“, „Lachfaltentrainig“ oder Bücher, die im Trend sind. Hauptfeature ist allerdings die Emotionssuche. Mithilfe mehrerer Regler lässt sich genau angeben, nach welcher Stimmung man sucht. So werden Bücher vorgeschlagen, die zur Lesestimmung passen. Hatte man eine stressige Woche und sehnt sich nach seichter Unterhaltung oder soll es doch etwas anspruchsvolles sein? Singles haben es zu Pandemie-Zeiten nicht leicht. Abhilfe könnte ein erotisches Buch schaffen. Oder doch lieber anständig? Ist die aktuelle Situation schon traurig genug, um auch noch ein trauriges Buch zu lesen?
Damit nach der individuellen Einstellung der Regler passende Bücher angezeigt werden, bedient sich READ-O der Hilfe einer künstlichen Intelligenz. Diese analysiert Millionen von Buchrezensionen, um die Emotionen eines Buches über ein Profil sichtbar zu machen. Insgesamt sind bislang 200.000 Bücher mit Emotionen bewertet worden, 1,2 Millionen Bücher lassen sich mit der App finden. „Damit decken wir einen Großteil der Kaufhistorie ab, das sind schon die wichtigsten Bücher im aktuellen Sortiment“ , erläutert Kohz. Beim Klick auf einen Buchtitel wird neben einer Bewertung und Schlagwörtern, der Klappentext angezeigt. Darüber hinaus lässt sich das Buch über ein Affiliate-Link kaufen. Mit der dritten Funktion, der Bibliothek, lassen sich Bücher zur Wunschliste hinzufügen, Lieblingsbücher speichern oder schon gelesene Bücher sammeln.
Michael Pomogajko arbeitet mittlerweile Teilzeit für READ-O. Zu seinen Aufgaben gehören die App-Entwicklung und Verbesserungen der Infrastruktur. Er stellt sicher, dass der Nutzer oder die Nutzerin eine schöne Erfahrung in der App hat. „Wichtig ist, dass die App viel kann und trotzdem flüssig auf allen Geräten läuft. Das ist meist ein ziemlicher Balanceakt“, erklärt Pomogajko.
entscheidungshilfe ohne spoiler
Die App kann sich aber nicht nur in den eigenen vier Wänden als nützlich erweisen, sondern auch in einer Buchhandlung (sofern diese aufhaben dürfen). Wir alle hielten schon mal ein Buch in der Hand, haben uns das Cover angeschaut, den Klappentext durchgelesen und waren uns trotzdem unschlüssig, ob sich ein Kauf lohnen würde. Auch hier kann READ-O eine Entscheidungshilfe bieten. In der App lässt sich sowohl die ISBN-Nummer als auch das Cover scannen. Darauf wird angezeigt, welche Emotionen in dem Buch sind. Und das alles ohne Spoiler. „Wenn du eine Rezension im Internet liest, besteht immer die Gefahr, dass eine wichtige Information aus dem Buch bereits genannt wird. Das passiert bei uns nicht“, sagt Ben Kohz.
erste erfolge und große pläne
Die App wurde mittlerweile über 25.000 mal heruntergeladen. „Wir sind super zufrieden und haben gar nicht damit gerechnet, dass die Leute unsere App so gut annehmen“, resümiert Kohz. Dennoch wird nicht alles so bleiben, wie es aktuell ist. Schließlich gibt es auch noch Entwicklungspotenzial. Dementsprechend groß sind die Pläne des Start-ups. „Es ist viel geplant. Wir planen eigene Shopsysteme, noch mehr Features, die die Nutzer:innen wünschen, wie eigene öffentliche Buchlisten und viele spannende Kooperationen mit Autoren, Schriftstellern und Verlagen“, gibt Kohz einen Ausblick in die Zukunft. Das alles hätte das Team aber nicht ohne fremde Hilfe geschafft.
READ-O Bildmarke
schützenhilfe durch die TH Köln
Das Start-up wird durch ein EXIST-Gründerstipendium gefördert. Dieses unterstützt gründungsinteressierte Studierende, Absolvent:innen und Wissenschaftler:innen aus Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Darüber hinaus erhält das Team Hilfe vom Gründungsservice der TH und wird durch Prof. Dr. Gernot Heisenberg vom Institut für Informationswissenschaft, der als Mentor fungiert, begleitet. „Wir sind sehr sehr froh, mit der TH Köln zusammenzuarbeiten, weil das eine super Infrastruktur ist, die uns gegeben wird“, sagt Ben Kohz.
Die TH Köln bietet eine Vielzahl an Angeboten, um Start-Ups unter die Arme zu greifen. Ein zentraler Ort für Gründungsaktivitäten an der TH Köln ist das StartUpLab@TH Köln. Dieses umfasst am Campus Deutz unter anderem die Prototypenwerkstatt „MakerSpace“, einen Veranstaltungsraum, einen „Coworking Space“ und Kreativraum.
Prof. Dr. Gernot Heisenberg ist derweil von der Idee, die hinter READ-O steckt, begeistert. „Die Idee gab es so bisher nicht auf dem Markt. Ich räume dem Team daher auch große Chancen ein, auf dem Markt zu bestehen.“ Dann hat sich das Informatik-Studium an der TH Köln für Michael Pomogajko doch gelohnt.
Maurice
Autor
Maurice studiert Online-Redaktion an der TH in Köln. (Ein Bachelor hatte ihm ja nicht gereicht.) Wenn er nicht gerade schreibt, versucht der große Konzert-Fan vergeblich Roger Federer nachzueifern. Dass er noch nie einen Tropfen Alkohol zu sich genommen hat, hilft der Tenniskarriere auf jeden Fall auf die Sprünge.